Wie sich Priesterbild und Leitungsverständnis verändern: Vom Einzelkämpfer zum Team
Betroffene hören, Missbrauch verhindern und Kirche zu einem sicheren Ort für alle Menschen machen, das sind die Ziele des MHG-Folgeprojektes. Wichtige Schritte dabei sind eine Stärkung von Teamarbeit, regelmäßige Personalgespräche und ein verändertes Leitungsverständnis, durch das männerbündische Strukturen aufgebrochen werden sollen.
Leitung im Team
„In manchen Köpfen werden Pfarrer sicher noch als einsame Kämpfer gesehen – aber das ist natürlich schon lange nicht mehr der Fall“, berichtet Domkapitular Georg Franz, Personaldezernent im Bischöflichen Ordinariat und Verantwortlicher verschiedener Implementierungsaufträge aus dem MHG-Projekt. Heute sind sie Teamplayer und leiten große pastorale Teams. Erst recht im Zeitalter der Pfarreien neuen Typs. Das gilt auch für die hauptamtlichen pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Männerbündische Strukturen sind damit schon lange überwunden. Gleichzeitig gilt es, diese Arbeitskultur weiterzuentwickeln und zu professionalisieren. Dazu sollen geregelte Reflexions- und Feedback-Wege eingerichtet werden, die eine neue Kultur prägen. Das schafft Diskussions-, Handlungs- und Beratungsspielräume, in denen regelmäßig Erfahrungen ausgewertet und Situationen aus unterschiedlichen Perspektiven wahrgenommen werden können. „Es gilt das bessere Argument und nicht die Macht der Position“, sagt Franz. Der Einsatz nach Kompetenzen gewinnt an Bedeutung und muss auch systematisch gepflegt werden.
Neue Stelle Pfarrerreferent/in übt Fach- und Dienstaufsicht aus
Neu geschaffen wird dazu die Stelle einer so genannten Pfarrerreferentin bzw. eines Pfarrerreferenten. Aufgabe dieser Stelle ist die Dienst- und Fachaufsicht über die kanonischen Pfarrer und Pfarrverwalter zusammen mit dem Personaldezernenten, delegiert durch den Bischof. Zu den Aufgaben gehören zudem die Bereiche Personaleinsatz und Personalführung, Personalfürsorge sowie die Mitarbeit oder Vertretung in bestimmten Gremien, wie beispielsweise der Personalkammer und dem Priesterrat. Die Pfarrerreferentin bzw. der Pfarrerreferent führt das Verfahren zur Besetzung einer Pfarrstelle ebenso durch, wie den Wechsel auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand. Sie begleiten Pfarrer regelmäßig, beispielsweise durch jährliche Mitarbeitergespräche und intervenieren bei Krisen. Eine Geschäftsverteilung regelt die Zuständigkeiten von Personaldezernent und Pfarrerreferentinnen bzw. -referenten.
Kontinuierliche Begleitung durch Supervision, Intervision und Personalgespräche
Durch regelmäßige Personalgespräche, Supervision und Intervision sollen Mitarbeitende in Doppelspitzen und anderen Führungspositionen kontinuierlich begleitet werden. „Reflexion soll Wertschätzung und Verbundenheit zum Ausdruck bringen. Sie soll nicht im Sinne einer Kontrolle erfolgen, sondern zur Reflexion eines möglichen Beziehungsmachtgefälles“, erklärt Franz. Dadurch werde für Menschen im katholischen Beschäftigungsverhältnis ein Ort geschaffen, an dem sie ihr eigenes Handeln auf mögliche Übergriffigkeit reflektieren können, so der Implementierungsverantwortliche weiter: „Das Ziel ist eine Prävention vor Machtmissbrauch durch reflektierte Persönlichkeiten, die für Machtmissbrauch – auch in der Ausprägung von sexualisierter Gewalt – weniger anfällig sind.“
Als Reaktion auf die 2018 veröffentlichte „MHG-Studie“ der Deutschen Bischofskonferenz entschied sich das Bistum Limburg im April 2019 zu dem Folgeprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“. 70 Expertinnen und Experten hatten zur Aufgabe, die Missbrauchsfälle im Bistum Limburg aufzuarbeiten und Maßnahmen zu entwickeln, um zukünftig sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen zu verhindern. Diese 64 Maßnahmen werden seit Januar 2021 sukzessiv von etwa 160 Menschen aus allen Bereichen des Bistums umgesetzt.
In der achtteiligen Themenreihe „Es tut sich was“ wird über die Inhalte und Relevanz dieser Maßnahmen informiert, und bisherige Ergebnisse werden vorgestellt.
Parallel dazu finden Online-Veranstaltungen mit wechselnden Gästen statt. Weitere Informationen sowie alle bisherigen Artikel und Aufzeichnungen der Onlineveranstaltungen finden Sie hier: gegen-missbrauch.bistumlimburg.de/beitrag/es-tut-sich-was-in-sachen-aufarbeitung-1/ .