Pfarrei St. Peter und Paul Bad Camberg baut an der Zukunft



Wie würde katholische Kirche in der Pfarrei 2040 aussehen, wenn Menschen in das Gebiet kämen und noch nichts vorfinden würden? Diese zentrale Frage wurde im Projekt „Die Siedler von St. Peter und Paul“ versucht zu beantworten. Mit dem „Grüne Wiese“-Ansatz beschäftigten sich Menschen unterschiedlichen Alters, Berufen und Interessen und erarbeiteten dazu Leitlinien für die Pfarrei.
Zusammen mit den bistumsweiten Leitlinien der Kirchlichen Immobilienstrategie (KIS) bildeten sie die Grundlage zur Bewertung des pfarreieigenen Gebäudebestands. Am Montag, 04.09.2023, wurde den Gremien – Pfarrgemeinderat, Verwaltungsrat und Orts‑/Sachausschüsse – sowie dem Pastoral- und Verwaltungsteam der Pfarrei die Ergebnisse vorgestellt, welche in einer vierzehnköpfigen Arbeitsgruppe aus der Pfarrei, in der alle Kirchorte und Gremien vertreten waren, einstimmig erarbeitet wurden.
Bereits im April 2018 hatte der Verwaltungsrat den Startschuss für die Teilnahme an dem Projekt gegeben, in dem im ersten Schritt alle Gebäude besichtigt und bewertet wurden. Wie so vieles, wurde auch das KIS-Projekt durch die Corona Pandemie unterbrochen, denn die wichtigen Diskussionen sollten nicht in virtuellen Sitzungen geführt werden, so konnte die eigentlich für die zweite Jahreshälfte 2020 vorgesehene zweite Phase des Projektes erst im ersten Halbjahr 2023 durchgeführt und der Vorschlag für den zukünftigen Gebäudebestand erarbeitet werden.
Drei Schwerpunktzentren in der Pfarrei

Auch nach der Überarbeitung der Gebäudestruktur wird in der Pfarrei weiter alles angeboten werden, aber eben nicht mehr alles überall. Bezogen auf das Gottesdienstangebot wird sich die Pfarrei langfristig auf drei Schwerpunktzentren fokussieren: Bad Camberg als zentraler Ort der Pfarrei, Niederselters verkehrsgünstig an der B8 gelegen und Haintchen als „Kirche auf dem Berg“. In diesem Dreieck sind die Entfernungen für die Gläubigen auf maximal 17 km zwischen den Orten und einer Kirche beschränkt. Aber auch in den anderen sieben Kirchorten wird das kirchliche Leben vor Ort gestaltet und gelebt werden.
Insgesamt wurden im KIS-Projekt 40 Gebäude (Kirchen, Pfarrhäuser, Pfarrheime, Kapellen, Büro-/Wohnhäuser ohne die Kindertagesstätten) betrachtet, von denen 22 unter Denkmalschutz stehen. 16 bleiben erhalten bzw. sollen aufgrund einer zukunftsfähigen Profilierung nach Möglichkeit erhalten bleiben, 9 werden solange erhalten wie Drittmittel vorhanden sind, 6 bedürfen der Projektentwicklung und sind mittelfristig für die Abgabe vorgesehen und 7 sollen kurzfristig für den Verkauf vorbereitet werden. 2 weitere Gebäude werden als Sonderfälle im Gebäudebestand bleiben.
Mit diesen Maßnahmen wird einerseits der Gebäudebestand an die heutigen und zukünftigen Bedarfe angepasst und soll andererseits der Instandhaltungsstau von derzeit fast 6 Millionen Euro um die Hälfte reduziert werden. Die dann geringeren Betriebskosten der verbleibenden Gebäude werden das jährliche Budget der Kirchengemeinde weniger belasten als bisher, was angesichts der sinkenden Anzahl von Kirchenmitgliedern und geringeren Kirchensteuereinnahmen auch dringend notwendig ist. Der Vorschlag sieht vor, die bestehenden Rücklagen zuzüglich möglicher Verkaufserlöse für die Instandhaltung der verbleibenden Gebäude zu verwenden, um deren Erhalt dauerhaft sicherstellen zu können.
Was bedeutet das konkret?
Die Kirchen und die Kreuzkapelle in den Schwerpunktzentren bleiben als sakrale Orte dauerhaft erhalten. Für die anderen unter Denkmalschutz stehenden Kirchen gilt es nun Konzepte zu erarbeiten, wie diese angesichts schwindender Katholikenzahlen weiter genutzt werden können. Dabei reichen die Vorstellungen von pastoralen Schwerpunkt-Kirchen (z.B. Sommerkirche) bis hin zur Profanierung. In zwei bis vier Jahren sollen diese Kirchen anhand der Entwicklung neu betrachtet werden.
Eine Projektentwicklung zusammen z.B. mit den Kommunen oder anderen Interessenten und eine mittelfristige Abgabe ist für die Pfarrheime in Dombach, Haintchen und Würges und die Kirche in Erbach angedacht, während die Pfarrhäuser in Dombach, Eisenbach, Erbach, Haintchen sowie das Pfarrheim Niederselters, die Alte Kirche dort und das Schwesternhaus in Hasselbach für den Verkauf vorgesehen sind. Soweit dort dauerhaft Räumlichkeiten benötigt werden, sollen diese zurückgemietet werden. Die Kapellen in den einzelnen Orten werden – so lange Drittmittel vorhanden sind – weiter im Gebäudebestand der Pfarrei bleiben.
Aber auch, wenn Kirchenräume langfristig aufgegeben werden, so sollen doch in allen Kirchorten Andachtsräume erhalten oder neu gestaltet werden.
Mitgestaltung erwünscht

Die Pfarreigremien beraten und beschließen die Ergebnisse nun bis Anfang Oktober 2023. Änderungen sind noch möglich, allerdings müssen dann konkrete Alternativen vorgelegt werden. Seitens des Bistums wurde für den Vorschlag der Arbeitsgruppe schon grünes Licht signalisiert. Im neuen Jahr beginnt Phase 3 des KIS-Projektes: Hier geht es um die Vorbereitung zum Verkauf der Gebäude, die für die Pfarrei keine pastorale Bedeutung mehr haben. Mehr noch wird es um die Projektentwicklung der Pfarrheime und der Erbacher Kirche sowie die Profilierung der anderen Kirchengebäude gehen.
Die Pfarrei ruft zur aktiven Teilnahme an diesem Prozess auf und hofft auf Menschen, die bereit sind, in den im November 2023 neu zu wählenden Pfarrgemeinderat und den Ortsausschüssen aktiv mitzuwirken, um die Zukunft der Kirche vor Ort mitzugestalten.
Pfarrer Joachim Wichmann äußerte sich dazu: "Das besonnene und frühzeitige Handeln im Bistum Limburg führt dazu, dass wir die anstehenden Aufgaben mit ruhiger Hand und breiter Beteiligung der Gemeindemitglieder, allen voran den synodalen Gremien der Pfarrei, angehen können." Er dankte den zehn Personen aus den Kirchorten der Pfarrei und den vier Vertretern aus dem Pastoralteam, die den Vorschlag erarbeitet haben.
Frank Bermbach, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats und stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats, betonte: "Auch wenn der Prozess gut vorbereitet ist, kann er nicht darüber hinwegtäuschen, dass es herbe Einschnitte in unsere Gewohnheiten geben wird." Dennoch sei diese Veränderung notwendig, um die Kirche an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen und wieder besser erreichbar zu sein.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zu den Neuwahlen des Pfarrgemeinderats finden sich hier auf der Homepage der Pfarrei und können beim Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates, Frank Bermbach, und Pfarrer Joachim Wichmann erfragt werden.