Archivstück des Quartals I. 2018
Wo lag das ehemalige Pfarrgut "Heubrich"?
Im Herbst 1751 verkaufte die Pfarrei Haintchen ein Grundstück, das mit dem Namen „der Heubrich“ bezeichnet wurde. Der Name „Heubrich“ begegnet heute noch als Familienname und wird wie die Varianten „Haubrich(s), Hubrich(s) auf den Vornamen „Hubert“ zurückgeführt[1]. Möglicherweise verweist die Bezeichnung des Grundstückes also auf den Namen des ehemaligen Besitzers. Von ihm oder seinen Nachkommen wäre der Besitz dann an die Pfarrei übertragen worden. Dass diese das Grundstück im Jahr 1751 veräußert hat, könnte im Zusammenhang mit dem kurz zuvor erfolgten Neubau der Pfarrkirche in Verbindung gebracht werden. Allerdings findet sich in der Rechnung über den Kirchen bau zu Hängen[2] kein Hinweis darauf, dass der Erlös zur Bestreitung der Baukosten herangezogen worden ist.
Der Platz wurde an den Haintchener Schulmeister Johann Baptist Klee und an Johann Ludwig Nauheim für gut 145 Gulden verkauft. Die Kaufsummen wurden aufgrund der unterschiedlichen „Güte“ der Grundstücksanteile differenziert bewertet. Die Käufer mussten bis zur Begleichung der Kaufschuld ihre neuen Grundstücke der Pfarrei als Sicherheit stellen und Zinsen auf ihre Schuld zugunsten des Pfarrers entrichten.
Das hier vorzustellende Archivstück gibt uns Hinweise auf die Lage des Grundstückes. Demzufolge handelte es sich um einen Platz im Unterdorf, der nahe beim Grundbesitz des Johann Georg Roth lag. Darüber hinaus erfahren wir, dass auf diesem Platz ein Heiligenhaus errichtet war, das im Zuge des Verkaufs von den Käufern zu erneuern und zu unterhalten war. Weiterhin dokumentiert das Archivstück einen Besitzübergang von den ursprünglichen Käufern zu neuen Eigentümern: Den Anteil Klees erwarb schon 1752 Kaspar Liesering. Den Anteil Nauheims erwarb 1767 Tobias Hafeneger.
Aufgrund dieser Angaben lässt sich vielleicht die genauere Lage des „Heubrich“ bestimmen: Die Namen Roth, Liesering und Hafeneger begegnen als Grundstückseigentümer im Bereich der Oberen Bachstraße[3]. Auch ein Heiligenhaus (Hl. Wendelin) hatte hier seinen Platz[4].
Bitte um Mithilfe
Da die vorgeschlagene Lokalisierung des „Heubrich“ im Bereich der Oberen Bachstarße nur auf Vermutungen basiert, sind wir für nähere bzw. weiterführende Hinweise in dieser Sache dankbar.
Pfarrarchiv Haintchen
Kurtierische Zeit, Mappe Verkauf des Pfarrgutes „Heubrich“
Haintchen, 29. Oktober 1751
Verkauf des Pfarrgutes „Heubrich“ im Unterdorf an den Schulmeister Johannes Baptist Klee[5] und Johann Ludwig Nauheim. Später übernimmt Caspar Liesering den Besitzanteil Klees, während Tobias Hafeneger[6] den Besitzanteil Nauheims erwirbt.
(Lesefassung)
Kund und zu wissen sei jedermann, dem daran gelegen ist, oder sein kann, dass, nachdem von einem hochlöblichen Offizialats-Kommissariat in Koblenz unterm 27. September dieses 1751ten laufenden Jahrs, mir unterschriebenem zeitl[ichem] Pastor, und den Sendschöffen die schriftliche Vollmacht erteilet worden, den am Unterdorf bei Johann Görg Roth[7] gelegenen, bis hierhin der hiesigen Pastorey [Pfarrei] zugestandenen Platz, der Heubrich genannt, an Meistbietenden zu verkaufen, dann heute den 29ten Oktober 1751 nach vorher geschehener gehöriger Verkündigung und zusammen berufener Gemeinde bei brennender Kerze die ehrsamen Joannes Baptist Klee, zeitl[icher] Schulmeister, und Johann Ludwig Nauheim den obengenannten Platz, mit Einwilligung ihrer Eheweiber gesteigert und gekauft haben, für ein Hundert Vierzig fünf fl[8]. trierischer Währung und 2 alb. 4 den. gutes Geld, schreibe 145 fl. trierisch, und 2 alb, 4 den samt den bedingten zwei rht. und 7 ½ alb. zur Bezahlung der Unkosten. Und zwar hat von obengenannten Kapital, bis zu dessen Abtragung, der Johann Ludwig Nauheim achtzig sieben fl. trierisch, und 11 alb, 2 den. guth geld zu verpensionieren[9], des Joes Klee Schulmeister hat, fünfzig sieben fl. trierisch und 11 alb. 2 den. gutes Geld zeitlichem Pastor in Haintchen jährlich um Martini zu verpensionieren. Die Ungleichheit der schuldigen Summe entstehet aus der erkannten besseren Lage und Güte eines Stücks [des] Platzes vorm anderen, wie dann Ludwig Nauheim sein Teil unten her, der Johannes Klee aber oben her hat, wie beide Stücke des Platzes nunmehr ab- und aufgesteinet sich befinden.
Beiden obengenannten Käufern ist hiermit aufgebunden worden, nicht nur oben gemeldete ihre Schuld eigenhändig zu unterschreiben, so fort jeder sein genanntes aufgesteintes Anteil einstweilen der Pastorei [Pfarrei] zur Versicherung gestellt zu lassen, sondern auch vor Ablauf nächsten Jahres entweder gerichtliche Versicherung zu stellen, oder, nach geschehener Aufkündigung zwei Monate vorher, das Kapital mit zugehöriger Pension abzulegen. Zu wahrer Urkunde alles Obigen haben beiderseitige Parteien sich eigenhändig unterschrieben und zwar in den drei gleichlautenden Briefen, deren einer für die Pastorei [Pfarrei][10] hinterlegt worden, der andere dem ehrsamen Johannes Baptist Klee, und der dritte dem ehrsamen Johann Ludwig Nauheim eingehändigt worden.
Haintchen an obigem dato
[von anderer Hand (Pfarrer Miger)[11]]
Mehrfach genannte beide Käufer haben für sich und ihre Nachkommenschaft versprochen, an dem genannten Platz, dem Heubrich genannt, an statt des alten Heiligenhaus[12] ein anderes aufzurichten und geziemend zu handhaben. NB. Nach geschehenem Vergleich hat Johann Ludwig Nauheim nunmehr gedachtes Heiligenhaus allein darzustellen und zu handhaben.
In fidem[13] F[erdinand] D[amian] Miger pastor mp[14]
Joannes Baptista Klee Schulmeister
Johann Adam Roth Sendschöffe
Johannes Bös Sendschöffe
Bekenn ich Lud[wig] Nauheim
[von anderer Hand (Pfarrer Brixius[15])]
Johannes Baptist Klee Schulmeister zu Haintchen hat seinen obengenannten Antheil verlassen an Caspar Liesering von Haintchen anno 1752 also muss forthin genannter Caspar Liesering die genannten 57 flor. Trierisch, und 11 alb., 2 den. reinisch dem Herrn Pastoren verpensionieren jährlich. Er verspricht auch hierüber einen gerichtlichen Brief dem zeitlichen H. Pastoren zu geben, zur Wahrheit dieses hat sich Caspar Liesering selbst unterschrieben. Ita testo[16] P.J. Brixius mp.
Bekenne ich Caspar Liesering
Heute dato den 17ten Mai 1767 hat der obengenannter Caspar Liesering von Haintchen die obengenannten 57 flor. Trierisch 11 alb., 2den. rheinisch der Pfarrei abgelegt, und bar bezahlt in Gegenwart der unterschriebenen H. Pastor und Sendschöffen.
P[eter] J[akob] Brixius pastor in Haintchen mp.
Dietrich Urban
Ludwig Mollie
Die obengenannten 84 flor.. Trierisch, und 11 alb., 2 den. reinisch hat der Ludwig Nauheim nicht mehr zu zahlen, weder zu verpensionieren, sondern der ehrsamene Tobias Hawenecker [Hafeneger] von Haintchen, genannter Tobias Hawenecker verspricht solches Kapital der Pfarrei richtig zurückzuzahlen. Zur Versicherung dessen, und der Interesse setzt er zum Unterpfand sein Haus und Scheuer und Platz und wird darüber eine gerichtliche Obligation[17] der Pfarrei Haintchen geben. Dieses alles bescheinigt Tobias Hawenecker mit seiner eigenhändigen Unterschrifft, also geschehen bei Send[18] zu Haintgen d[en] 17. Mai 1767
P.J. Brixius pastor locii mp.
Bekenne ich Tobias Hafeneger
Die jährliche Pension ist 2 fl. 55 xer
Dietrich Urban Sendscheffe
[…]
Ludwig Mollie
[Rückseite]:
Verkauf des Platzes, Heubrich genannt, davon
Johann Ludwig Nauheim
87 fl. trierisch, 11 alb., 2 den. gutes Geld
und Johannes Baptist Klee zeitl[icher] Schulmeiser
57 fl. trierisch, 11 alb., 2 den. gutes Geld
Jährlich um Martini zeitlichem Pastor in Haintchen zu verpensionieren hat.
Die 2 obengenannten Kapitalien, welche der Pfarrei gehören und zeitl[ichem] H. Pastor ohne eigene Obligation oder Last die Pension alljährlich frei geniest, machen in einer Summa: 145 fl trierisch, 2 Weißpf, 4 den. oder
64 Rht, 22 Weißpf., 4 den.
Tobias Habenecker Erben sind der Pfarrei schuldig zu verpensionieren: 87 fl. tr[ierrisch] – 11 alb. – 2 den. mit 2 fl. rh[einisch] – 55xer
J. Adam Hafenegger hat bezahlt Pension für das Jahr 1779 d[en] 22 Febr.
Henrich Hafenegger hat zahlt den Hauszins 1780 – 81 – 82 – 83 und 84. Bleibt schuldig 2fl. 12 xer
[1] S. dazu Hans Bahlow, Deutsches Namenslexikon, München 121985, 212.
[2] Pfarrarchiv Haintchen, Kurtrierische Zeit, Mappe Kirchenbaurechnung.
[3] S. dazu Rüdiger Fluck, Hetteanton …, Beschreibung der Häuser in Haintchen. Untere Bachstraße, Freier Platz, Obere Bachstraße, Haintchen 2009.
[4] Ebd. und ders., Heiligenhäuschen und Kapellen, in: 600 Jahre Haintchen, 161-167, hier: 162f.
[5] Johannes B. Klee stammte aus Obermörlen und war zwischen 1740 und 1776 sowie nach 1787 bis 1812 Schulmeiser in Haintchen, s. dazu: Katharina Stoll, Die Schulgeschichte Haintchens, in: 600 Jahre Haintchen, 219-231, hier: 220f.
[6] Der in „der Langhecke“ ansässige Maurermeister Tobias Hafeneger wurde 1748 zusammen mit seinem Bruder Heinrich sowie Wilhelm Heun und Peter Schmidt aus Werschau beauftragt, die alte Kirche abzubrechen und die neue auf zu mauern. Nach dem Kirchenbau ist der Name Hafeneger in Haintchen nachweisbar. Der Dorfname „Allgäch“ (Obere Bachstraße 14) wird auf die Herkunft der Familie Hafeneger aus dem Alläu zurückgeführt. S. dazu Fluck, Hetteanton …
Die Schreibweise des Namens „Hafeneger“ variiert: Allein auf dem hier vorgestelleten Schriftstück finden sich die Varianten: Habenecker, Hafenegger, Hawenecker. Tobias Hafeneger unterschreibt mit Hafennecker.
[7] Es könnte sich um den zeitgleich amtierenden kurtrierischen Schultheißen Johann(es) Roth handeln, allerdings fehlt hier der Hinweis auf das Schultheißenamt und ein Zweitname „Görg“ (Georg) ist eingefügt.
[8] Es werden folgende Abkürzungen für Währungsangaben verwendet: fl, flor.: für Floren oder Gulden; alb., Weißpf.: für Albus, Weißpfennig; den.: für denarius (hallensis), Heller; xer. für Kreuzer.
[9] Anderer Ausdruck für: zu verzinsen; von lat.: pensio (Zahlung, Rate, Zins).
[10] Dabei dürfte es sich um die hier vorzustellende Ausfertigung handeln
[11] Ferdinand Damian Miger, von 1750-56 Pfarrer in Haintchen, s. Alois Staudt, Beiträge zur neueren Kirchengeschichte, in: 600 Jahre Haintchen, 79-112, hier: 105. Miger war zuvor Pfarrer in Werschau, s. dazu HHStAW, 40, 1992. Er war im Jahr 1750 als Vermittler am Ausgleich zwischen der Gemeinde Haintchen und dem damaligen Pfarrer Theodor Klemmer im Streit um den Beitrag des Pfarrers zum Kirchenbau beteiligt, s. dazu Pfarrarchiv Haintchen, Kurtrierische Zeit, Mappe Kirchenbau.
[12] Möglicherweise das zu Ehren des Hl. Wendelin errichtete ehemaligen Heiligenhaus in der Oberen Bachstraße
[13] Lat. Beglaubigungsformel
[14] Lat. Abkürzung: mit eigener Hand
[15] Peter Jakob Brixius, von 1756-78 Pfarrer in Haintchen s. Alois Staudt, Beiträge zur neueren Kirchengeschichte, in: 600 Jahre Haintchen, 79-112, hier: 105.
[16] Lat.: So bestätige (beglaubige) ich.
[17] Hier: Schuldverschreibung.
[18] Gemeint ist eine Sitzung des Sendgerichts Haintchen.